"Politik reagiert auf steigende Baustoffpreise und Lieferengpässe"
Praxishinweise für öffentliche Ausschreibungen von Bauaufträgen sollen Risiken aufgrund des Ukraine-Kriegs für Auftragnehmer verringern
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine führt auch zu Problemen auf deutschen Baustellen. So bezieht Deutschland einen erheblichen Anteil seines Baustahls aus Russland und der Ukraine. Wegen gestörter Lieferketten sind viele Materialien nicht zu bekommen oder erheblich teurer geworden. Auch viele erdölbasierte Produkte wie zum Beispiel Bitumen und Kunststoffrohre sind betroffen.
Um das Risiko unkalkulierbarer Preise und Lieferschwierigkeiten für Unternehmen zu reduzieren, hat der Bund, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2022 für öffentliche Auftraggeber Praxishinweise herausgegeben. Daran anknüpfend hat das Land Bremen am 29.03.2022 Praxishinweise für die öffentlichen Auftraggeber zur Ausschreibung von Bauaufträgen im Land Bremen veröffentlicht. Sie enthalten unter anderem folgende Hinweise:
Hinweise für neu einzuleitende Vergabeverfahren
Den Hinweisen zufolge sollen neue Verträge mit Preisgleitklauseln für Baustoffe, die sich kriegsbedingt verteuern und die einen nicht unerheblichen Anteil an dem betreffenden Auftrag ausmachen, versehen werden. So soll eine Anpassung an die Marktentwicklung ermöglicht werden. Außerdem sollen, soweit dies für die öffentlichen Auftraggeber terminlich möglich ist, bereits bei Einleitung des Vergabeverfahrens Vertragsfristen vorgesehen beziehungsweise ermöglicht werden, die die derzeitigen Lieferengpässe für bestimmte Bauprodukte und -materialien berücksichtigen. Auf die Nichteinhaltung von Vertragsfristen bezogene Vertragsstrafen sollen vom öffentlichen Auftraggeber nur im begründeten Ausnahmefall vorgesehen werden.
Hinweise für Bieteranfragen in laufenden Vergabeverfahren
Vor dem Ablaufen der Angebotsfrist können Unternehmen, die sich an der Ausschreibung beteiligen möchten beziehungsweise schon beteiligt haben, eine so genannte Bieteranfrage stellen. Bieteranfragen mit dem Inhalt, ob in dem betreffenden Vergabeverfahren Stoffpreisgleitklauseln vereinbart werden könnten oder ob Vorgaben zu Vertragsfristen und/oder Vertragsstrafen bei Überschreitung von Vertragsfristen geändert werden könnten, werden vom öffentlichen Auftraggeber geprüft.
Möglichkeiten bei bestehenden Verträgen
Bei bereits bestehenden Verträgen kann den Praxishinweisen zufolge eine Vertragsanpassung infrage kommen. Entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung kommt diese aber immer nur im Einzelfall in Betracht, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB festgestellt werden kann und ein Festhalten des Unternehmens an dem ursprünglichen Vertrag absolut unzumutbar wäre.
Eine Verlängerung von Vertragsfristen bei bestehenden Verträgen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c VOB/B kann im Einzelfall in Betracht kommen, wenn der Unternehmer gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nachweist, dass Lieferverzögerungen bei dem betreffenden Auftrag auf Fällen höherer Gewalt beziehungsweise auf unabwendbaren Ereignissen beruhen. Dazu kann der Krieg in der Ukraine mit seinen unmittelbaren Folgen durchaus gehören, wenn sich diese konkret auf die Lieferfristen auswirken.
Handwerksunternehmen, die Fragen rund um die Vergabe öffentlicher Aufträge und zu den neuen Praxishinweisen haben, können sich an die Betriebsberatung der Handwerkskammer Bremen wenden, Tel. 0421 30500-309; 110; Betriebsberatung_HWK@hwk-bremen.de
01.04.2022